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GÉRALD GENTA UND DIE UHR, MIT DER ALLES BEGANN

Familienfotos mit freundlicher Genehmigung von Gérald Genta Heritage Association
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Ein Leben als Designer

1954 entwarf Gérald Genta im Alter von nur 23 Jahren die Polerouter. Damit legte er den Grundstein für eine bemerkenswerte künstlerische Karriere, die Uhrendesigns, Gemälde, Skulpturen und weitere einzigartige Kreationen umfassen sollte.

 

Gérald Genta (1931–2011) war nicht nur der berühmteste Uhrendesigner aller Zeiten, sondern auch der am härtesten arbeitende. Jeden Tag setzte er sich um 6 Uhr in der Früh an seinen Schreibtisch. Laut Gentas Frau, Evelyne Genta, sprudelten die aufwendigen und einzigartigen Designs aus seiner Feder wie Wasser aus einem Brunnen. Sie schätzt, dass er in seiner über 60-jährigen Karriere etwa 100 000 Entwürfe erstellt hat. "Wenn Gérald über seine Karriere sprach, dann begann er immer mit der Polerouter und mit Universal Genève – damit hatte alles begonnen", sagt sie über die Uhr, die ihr verstorbener Ehemann im Alter von nur 23 Jahren entworfen hatte.

 

Als Sohn italienischer Einwanderer in Genf, die stark von der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre betroffen waren, wuchs Genta in schwierigen finanziellen Verhältnissen auf. Während seiner Kindheit arbeitete sein Vater hart, um die Familie zu ernähren. Nach der Schule musste Gérald seiner nahezu blinden Mutter oft bei verschiedenen Besorgungen helfen. Die Schule selbst mochte er nicht, besonders, nachdem sich ein Lehrer herablassend über seine italienische Abstammung geäussert hatte.  

 

Aber er fand einen persönlichen Zufluchtsort. Gemäss dem Buch The Maestro and His Art schnitzte er sich im Alter von sieben Jahren aus einem Stück Holz eine Palette und begann heimlich zu malen. Ab diesem Zeitpunkt fühlte er sich hin- und hergerissen zwischen zwei Welten: der Welt des freien, künstlerischen, farbenfrohen Schaffens, in die er für Stunden eintauchen konnte, und jener des Erfolgs, in der er versuchte, sich und seinen Eltern ein besseres Leben zu ermöglichen.  

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Genta liebte das Malen und die Bildhauerei.

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt

Diese zwei Welten verschmolzen, als er eine Ausbildung zum Goldschmied und Juwelier begann. Doch bereits Monate nach dem Abschluss frustrierte ihn diese neue Tätigkeit, da er nicht den Schmuck kreieren konnte, den er sich vorstellte. Hinzu kamen künstlerische Differenzen mit der Unternehmensführung, was dazu führte, dass Genta eines Tages hinausstürmte, sein Werkzeug in die Rhône warf und sich schwor, nie wieder einen Chef zu haben.  

 

Um über die Runden zu kommen, nahm er kleine kreative Aufträge an und träumte gleichzeitig von einer Karriere in der Modebranche. Er merkte allerdings schnell, dass Genf zwar viel zu bieten hatte, jedoch weder Paris noch Mailand war. Was die Schweizer Stadt aber hatte, war eine florierende Uhrenindustrie – und die Nachfrage nach kreativem Input. Dabei darf man nicht vergessen, dass zur damaligen Zeit das Wort «Designer» kaum existierte und Universal Genève eine der wenigen Marken war, die über eine hausinterne Kreativabteilung verfügten.  

 

Inspiriert von den Erfolgsgeschichten eines Raymond Loewy, der als Urvater des Industriedesigns gilt, erstellte der damals 20-jährige Genta Zeichnungen und versuchte, diese an Uhrenhersteller zu verkaufen. Zu Beginn stiess er häufig auf Skepsis, doch wenn den Herstellern gefiel, was sie sahen, kauften sie einige Entwürfe für je CHF 15. Heute klingt das wie ein Märchen, aber genauso gewann er das Vertrauen von Audemars Piguet, der zu einem seiner Stammkunden wurde.

 

Bald erfuhr man auch bei Universal Genève, dessen Leitung der charismatische Raoul Perret innehatte, dass es da diesen jungen, talentierten Designer gab. Es ist nicht bekannt, ob sich Perret im Jahr 1954 persönlich an Genta wandte und ihn mit dem Entwurf der Universal Genève Polarouter (die 1957 in Polerouter umbenannt wurde) beauftragte. Es ist aber sehr wahrscheinlich, da Perret stark in die Entwurfsprozesse des Unternehmens involviert war.  

 

Genta entwickelte eine Uhr für Piloten von SAS, die sich durch ein aufwendiges zweischichtiges Zifferblatt sowie weitere Funktionen auszeichnete: Sie war stossfest, wasser- und staubdicht sowie, und das war das Wichtigste, antimagnetisch – eine Notwendigkeit für die ersten kommerziellen Flüge über den Nordpol.

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Gentas Design der originalen Polerouter von 1954, eines der etwa 170 produzierten Exemplare mit SAS-Zifferblatt.

Die Polerouter brachte Gentas Karriere in Gang. Zu seinen weiteren Erfolgen zählten Designs oder Neugestaltungen von Uhren wie der Omega Constellation (1959), Audemars Piguets Royal Oak (1973), Patek Philippes Nautilus (1976), IWCs Ingenieur (1976), Bulgaris Bulgari (1977) und Cartiers Pasha (1985). Einige dieser Entwürfe begründeten sogar ein gänzlich neues Genre: Luxus-Sportuhren aus Stahl.  

 

Im Alter von nur 23 Jahren legte er mit der Polerouter den Grundstein für ein Erbe zeitloser Designs mit klaren Linien. Seine Bindungen an einzelne Unternehmen waren jedoch weniger dauerhaft. "Er war lange Zeit bei Universal Genève, aber er war dort nie angestellt", erklärt Evelyne. "Er war einfach grundsätzlich nicht gerne angestellt."

“ER WURDE VON DER ARCHITEKTUR UND DER NATUR INSPIRIERT, VON KÜNSTLERN WIE DALÍ, MIRÓ, PICASSO, ANISH KAPOOR – ABER NIEMALS VON ANDEREN UHRENDESIGNS.”

EVELYNE GENTA

Die Entstehung von Legenden

Genta erschuf aber nicht nur Ikonen für andere Unternehmen, sondern gründete im Jahr 1969 auch seine eigene Marke: Gérald Genta. Diese kreierte aussergewöhnliche und exzentrische Uhren für eine einzigartige Kundschaft, zu der sowohl Adlige und Sultane von Marokko, Saudi-Arabien, Oman, England, Spanien und Brunei als auch führende Geschäftsleute und Sportstars gehörten. Viele Uhren waren einzigartige Kreationen und einige wurden in kleinen Serien produziert. Gentas Einfallsreichtum war in Modellen wie der Gefica Safari und der Grande Sonnerie zu sehen.

 

Später brachte Genta auch seine spielerische Seite zum Ausdruck, als er Cartoon-Charaktere wie Micky Maus und den rosaroten Panther auf den Zifferblättern einführte, deren Arme als Zeiger fungierten. Diese Uhren wurden schnell zu Ikonen der Popkultur. 

 

1996 verkaufte er seine Marke. Laut The Maestro and His Art war sie für ihn mehr zu einer mühsamen Unternehmenssache geworden als zu einem Ventil für künstlerisches Schaffen. Aber Genta konnte mit dem Uhrendesign nicht aufhören und widmete sich ausserdem im Laufe seiner Karriere weiterhin der Malerei und Bildhauerei für Kunstausstellungen. Er entwarf unter anderem auch exquisite Automatikuhren.

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Natur, Kunst und Architektur gehörten zu Gentas Einflussbereichen.

"Gérald war seiner Zeit 20 Jahre voraus und seine Entwürfe waren immer seine eigenen", sagt Evelyne. "Er wurde von der Architektur und der Natur inspiriert, von Künstlern wie Dalí, Miró, Picasso, Anish Kapoor – aber niemals von anderen Uhrendesigns."

 

Zum 70. Jubiläum der Polerouter am 15. November 2024 präsentierte Universal Genève drei einzigartige Jubiläumsuhren. Für zahlreiche Sammlerinnen und Sammler war dies die längst fällige Würdigung einer Uhr, die den Beginn der Karriere des grössten Uhrendesigners aller Zeiten einläutete.

 

Evelyne Genta freut sich sehr über die jüngsten Ereignisse, mit der das Erbe ihres Mannes geehrt wird: die Polerouter, das Revival der Marke Gérald Genta durch LVMH (seit 2000 Eigentümer der Marke) und mit Unterstützung der Gérald Genta Heritage Association sowie die verschiedenen Modelle anlässlich des 50. Jubiläums jener Entwürfe, die das Genre der Luxus-Sportuhren aus Stahl begründeten.

 

Evelyne Genta unterstreicht dies: "Es ist grossartig, und da Gérald immer über die Polerouter von Universal Genève sprach, bin ich sicher, dass er begeistert wäre. Es ist sehr schade, dass er nicht hier ist, um daran teilzuhaben. Ich bin überzeugt, dass er sich sehr gefreut hätte."

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Evelyne Genta schätzt, dass ihr Ehemann in seiner 60-jährigen Karriere etwa 100 000 Entwürfe erstellt hat.

Comments

Amazing History
Thank you for doing this write-up, hopefully someone publishes a biography of Mr. Genta.
CalgaryJim
Mon, 12/09/2024 19:18

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